Ein Interview mit einer “Wir vom Gut”-Familie
Wir haben Janina und Heinz mit ein paar Fragen gelöchert:
Wann, Wieso, Weshalb und Warum überhaupt “Wir vom Gut”:
Hallo, seit wann seid ihr bei dem Projekt dabei?
Wir waren auf der Informationsveranstaltung im Juli letzten Jahres und haben uns kurz darauf entschieden mitmachen zu wollen. Seitdem arbeiten wir regelmäßig im Plenum und jetzt auch in der AG Kommunikation mit. Janina ist auch im Aufsichtsrat der Genossenschaft.
Warum habt ihr euch entschlossen mitzumachen?
Wir waren gerade auf der Suche nach einem eigenen Haus, als wir in einer Facebook-Gruppe auf dieses Projekt aufmerksam wurden. Uns sprach an, dass wir langfristig finanziell aufs Gleiche herauskamen, und wir im Projekt aber gleichzeitig noch die Gemeinschaft dazu haben. Heinz ist beruflich sehr viel unterwegs und so ist es für uns beide gut zu wissen, dass es um unsere Familie herum ein enges Netzwerk an Unterstützung geben wird. Uns gefällt auch, dass unsere Kinder mit anderen Kindern zusammen aufwachsen und auch den Kontakt zu vielen Erwachsenen haben, von denen jeder etwas anderes kann, von dem sie profitieren oder den sie um Rat fragen können.
Ihr zieht von einem Haus mit 135 qm in eine Wohnung mit knapp 100 qm. Schränkt Ihr Euch da nicht sehr ein?
Natürlich schränken wir uns in einigen Bereichen ein. Andererseits gibt es derzeit Zimmer in unserem Haus, die kaum genutzt werden oder nur, um dort Unordnung anzuhäufen 😉 . Auf der anderen Seite werden auf dem Gut viele Bereiche über die Gemeinschaftsflächen abgedeckt, die man sonst in den eigenen vier Wänden unterbringen muss: Gästezimmer, die große Küche (da reicht dann eine kleinere in der Wohnung), Werk- und Bastelräume, ein großes Spielzimmer, um nur einige zu nennen. Daher kann man die Wohnflächen nicht einfach 1:1 vergleichen. Das zeigt auch die Erfahrung der Cohousing-Projekte in Skandinavien.
Liegt das Gut nicht etwas abgelegen für das Wohnen mit Kindern?
Diese Bedenken hören wir häufig, sehen das aber eher andersrum. Es gibt vieles auf dem Gut, wofür man ansonsten fahren muss: es wird eine U3-Betreuung vor Ort organisiert, es gibt einen Sammeleinkauf und abends ein gemeinsames Essen (und vieles mehr). Die Organisation und Vorbereitung dieser Alltagstätigkeiten kostet in jedem Familienleben viel Zeit und wird hier bei uns in der Gemeinschaft aber abgefangen.
Für die Fahrt zum Kindergarten oder der Schule wird es einen Shuttle-Dienst geben. Alles wird gemeinschaftlich organisiert. Das heißt nicht, dass wir das Gut gar nicht mehr verlassen wollen. Aber das Anstrengende ist ja das tägliche „Muss“ und nicht der Weg, wenn man in seiner Freizeit mal „will“.
Zudem ist bezahlbarer Wohnraum für Familien ja selten in der Innenstadt zu finden, wo alle Einkaufsmöglichkeiten, Schule, Kindergarten und das Kino fussläufig zu erreichen sind.
Gemeinschaft wird sehr groß geschrieben. Was ist, wenn es einem zu viel Gemeinschaft wird?
Dann geht man einfach in seine Wohnung oder sucht sich ein einsames Plätzchen draußen. Niemand wird zur Gemeinschaft gezwungen. Jede Familie bleibt auch finanziell unabhängig. Natürlich gibt es gemeinschaftliche Aufgaben, bei denen sich jeder einbringt, aber die gibt es auch bei jedem anderen Wohneigentum und hier kann man sich wenigstens aussuchen, was man machen möchte. Es gibt ja z.b. Menschen die lieben das gärtnern, aber hassen putzen und umgekehrt.
Was sind das eigentlich für Leute, die bei so einem Projekt mitmachen?
Das ist völlig gemischt, sowohl beruflich, als auch von der Persönlichkeit her. Beruflich ist Janina Apothekerin, Heinz arbeitet bei der Bundeswehr. Es gibt bei uns Ärzte, Künstler, Psychologen und Ingenieure, Selbstständige und Beamten,…. Wir sind keine Sekte und keine Kommune, sondern eine Gruppe von Menschen, die interessiert sind an anderen und Lust hat, über den Tellerrand des eigenen Horizontes hinauszublicken. Es ist glaube ich gerade die Stärke dieser Gruppe, dass wir keiner Ideologie verhaftet sind. Jeder bringt ein, was er kann und findet andere interessante Leute, die diese Fähigkeiten verstärken oder ergänzen. Lebenslanges Lernen hört ja bekanntlich nie auf.
Allerdings…danke Euch beiden für die ausführlichen Antworten!
Janina (39) und Heinz (34), mit ihren beiden Töchtern (3 und 2 Jahre)